VERSÄUMNIS
URTEIL
Zugestellt ins Nichts
Wie das Landgericht Berlin sich selbst austrickste – und das Verfahren jetzt in der Schwebe bleibt
Sie dachten, sie seien schlau. Ein Versäumnisurteil sollte es richten. Eine Beklagte ohne Anwalt, ein überladener Antrag, eine Flut von Anlagen, ein schneller Sieg.
Spoiler: Es ging schief. Auf spektakuläre Weise.
Was passiert, wenn das Landgericht Berlin, die Kanzlei Höcker und IT-ADVO glauben, besonders clever zu agieren – und dabei ihr eigenes Verfahren irreparabel gegen die Wand fahren? Genau das war am 26.05.2025 in Berlin zu beobachten: Ein juristisches Schauspiel mit absurden Zügen – und einer Pointe, die man sich so kaum so ausdenken könnte.
Der Masterplan: Überrumpeln, einschüchtern, löschen
Die Strategie war ein Klassiker aus der Trickkiste für Eilverfahren: Man nehme eine Person, von der man glaubt, sie können sich juristisch nicht wehren, man ignoriere, dass es mehrere potenzielle Verantwortliche gibt – und man ziele auf das in Deutschland am leichtesten greifbare Glied. Nur: Das „greifbare Glied“ hatte juristischen Verstand. Und Nerven wie Drahtseile.
Drei Absagen, ein Rückzieher – und das Ende jeder Zustellung
Drei Anwälte sagten erst zu und plötzlich wieder ab, der letzte einen Tag vor Fristablauf. Die Beklagte schrieb ihre Schriftsätze selbst – fundiert, klar, aber eben nicht anwaltlich unterzeichnet.
Die Berliner Anwältin Katrin Kelch erklärte sich bereit, die Schriftsätze über ihr Anwaltspostfach zu übermitteln. Ohne Haftung. Ohne Prüfung. Ohne Mandat im eigentlichen Sinn. Weil sie weder Zeit noch Fachkenntnis im Äußerungsrecht hatte.
Das Landgericht Berlin bekam es wohl mit der Angst. Am 21. Mai wies es die Anwältin dezent auf einen möglichen BRAO-Verstoß hin – und siehe da: RAin Katrin Kelch legte das Mandat sofort nieder. Offiziell. Schriftlich. Ohne Rückfahrkarte.
Und dann flog dem Landgericht Berlin § 87 Abs. 1 ZPO um die Ohren
Das Gericht wollte trotzdem weiter an Kelch zustellen – mit Verweis auf § 87 Abs. 1 ZPO. Problem: Diese Vorschrift schützt das Verfahren – nicht richterliche Eitelkeit. Kelch war nie zur Vertretung bereit. Sie war kein aktiver Bevollmächtigter, sondern ein toter, fiktiver Zustellbriefkasten. Wenn Richter Andrzejewski der Meinung ist, dass die Schrifsätze von einem Anwalt eingereicht werden müssen, der willens und in der Lage ist, zu handeln, dann kann er selbst auch nur an einen Anwalt zustellen, der willens und in der Lage ist, zu handeln. Denn das Gesetz – hier die ZPO – ist keine Einbahnstraße, sondern gilt für alle. Auch für ihn.
Und RAin Katrin Kelch war weder willens noch in der Lage.
Die Paradoxie: Das Gericht verhindert selbst, dass die Frist für den Einspruch beginnt
Kein wirksamer Anwalt = keine wirksame Zustellung.
Keine Zustellung = keine Einspruchsfrist.
Keine Frist = kein rechtskräftiges Urteil.
Das Versäumnisurteil steht da wie ein Denkmal der Selbstüberschätzung – juristisch entkernt und formell aufgehängt.
Wer anderen die anwaltliche Axt reicht…
…muss sich nicht wundern, wenn er sich selbst das Verfahren absägt. Genau das ist passiert. Denn das Gericht hätte zustellen können – an die Beklagte persönlich. Es wollte nur nicht. Und die Antragsteller hätten auf Substanz setzen können – sie setzten auf Einschüchterung. Jetzt stecken alle in der Sackgasse. Und der Öffentlichkeit steht plötzlich ein ganzes Dossier zur Verfügung, das nie das Licht der Welt erblicken sollte.
Die letzte Hoffnung: Druck auf italienischen Hoster DominiOk
Sebastian Kessler versucht jetzt allen Ernstes, ein nicht rechtskräftiges Urteil aus Deutschland in Italien zu „verwerten“ – in der Hoffnung, dass ein Hoster ohne juristische Kenntnisse einknickt.
Warum? Weil sie genau wissen, dass ihnen in Deutschland die Luft ausgegangen ist. Das Verfahren steckt in einer Sackgasse, und der Trick mit dem Versäumnisurteil hat sich in heiße Luft aufgelöst.
Jetzt versuchen sie den Rückweg durch die Hintertür – über ein Land, in dem niemand versteht, was eigentlich passiert ist. Und eine Vollstreckung über den Hoster bzw. ein Gericht in Italien? Kostspielig, riskant, aussichtslos.
Und dabei steht für beide Seiten viel auf dem Spiel:
- IT-ADVO, weil ihre wenig ehrenhafte Taktik aufgeflogen ist, nun das Licht auf Akten fällt, die für immer im Dunkeln bleiben sollten, und weil sie nicht verhindern konnten, dass die andere Seite öffentlich und präzise aufklärt.
- Höcker, weil Christoph Thomas Schmischke auf der Website großspurig schreibt:
„Selbst wenn auf der Gegenseite mächtige Verlage stehen – wir schlagen Größe mit Klasse. Wir punkten mit einer exakten Aufarbeitung des Sachverhalts, finden die Lücke auf der Gegenseite und greifen an. Ganz einfach und erfolgreich."
https://www.hoecker.eu/wer/dr-christoph-schmischke
Nur um dann gegen eine allein kämpfende Journalistin zu verlieren. Ohne Verlag. Ohne Redaktion. Ohne Kanzlei. Dafür mit Fakten. Und Verstand.

Wie sehr muss es an der eigenen Reputation kratzen, wenn das Einzige, was bleibt, ein nicht zustellbares Urteil ist – und eine Gegnerin, die mit chirurgischer Präzision ihre potentiell strafrechtlich relevanten SLAPP-Methoden in aller Öffentlichkeit auseinander nimmt?
Wie ein Haftbefehl ohne Adresse: Das Versäumnisurteil, das zum Rohrkrepierer wurde
Sie hofften, das Verfahren still beenden zu können – doch jetzt spricht es lauter als je zuvor. Ein Versäumnisurteil, das nicht einmal den Weg zum Gegner findet, wirkt wie ein Haftbefehl ohne Adresse: machtlos, zahnlos, würdelos. Was als strategischer Triumph geplant war, endet als juristischer Rohrkrepierer – mit maximalem Reputationsverlust und einer Öffentlichkeit, die schon bald jedes Detail kennt.